Raus aus Armenien. Rein in den Iran. Es ist Februar 2019. Ich erreiche die Eingangshalle an der Grenze zum Iran. Tim ist noch weit hinter mir und schlägt sich in der Warteschlange für Fahrzeuge mit den nächsten Schritten der Einfuhr von Scudo herum. Erstmals kommt das sogenannte Carnet de Passages zum Einsatz, Scudos Reisepass, ohne den wir unseren Camper nicht durch den Zoll bekommen würden. Ich schaue mich unterdessen in der Halle um. Mein Blick trifft unvermittelt die streng dreinblickenden Augen Chomeinis, dem belangvollen Führer der Islamischen Revolution von 1979. Diese Augen werden mich für den Rest meiner Zeit im Iran verfolgen; auf Wänden werde ich sie auf mich hinabschauen sehen; in jedem öffentlichen Gebäude werden sie jeden meiner Schritte beobachten. Sein Blick scheint wie einer, der einen mahnen will mit Worten wie: „Rück‘ gefälligst dein Kopftuch zurecht!“ Oder so etwas in der Art. Ich wende den Blick von diesem großen Foto an der Wand ab, ziehe mir unwillkürlich das Kopftuch tiefer ins Gesicht und schlendere langsam zum leeren Schalter der Passkontrolle.
Als auch Tim endlich die Kontrolle des Grenzübergangs hinter sich gebracht hat, der unter anderem dazu dient, zu kontrollieren, ob wir Alkohol einführen, geht es für uns zu der nächstgelegenen Großstadt Täbris . Weil es laut Karte und Navigationssystem einen Weg durch die hübsche bergige Landschaft gibt, überlegen wir nicht lange und wählen diese leicht verhängnisvolle Tour.Als wir an der Grenze zwischen Armenien und dem Iran stehen, wissen wir selbst nicht wirklich im Geringsten, was uns erwartet. Unser Wissen aus dem Reiseführer und aus anderen Reiseberichten ist gespickt mit ein paar Klischees und Informationen aus den uns bekannten Medien. Damit sollten wir gewappnet genug sein, um uns die nächsten zwei bis drei Monate in dem Land aufzuhalten, das uns in seiner für uns andersartigen Mentalität, in seiner islamisch- und ideologisch-fundamentalistischen Regierung und sowieso in seiner uns unbekannten Kultur fremder nicht sein könnte.
Drei Monate liegen mittlerweile zwischen diesem und dem nächsten Grenzübertritt. Die Zeit im Iran ist verflogen wie die Klischees, mit denen wir eingereist sind. Ersetzt wurden diese Wissenslücken mit neuen Erkenntnissen, mit einem neuen Verständnis diesem Land gegenüber: Die Iraner, die Menschen an sich, sind ganz klar von dem Ruf ihres Landes, das zum Teil durch unsere Medien transportiert wird, aber auch durch sein strenges, fundamentalistisches Regime herbeigeführt wird, zu trennen.