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Stress an der Grenze zu Aserbaidschan

  • von Alicia
  • 08 März, 2019

Schon vor unserem Reisebeginn stand fest, dass wir von Georgien durch Aserbaidschan in den Iran reisen würden. Da einige andere Reisende, denen wir z.B. unterwegs begegnet sind, allerdings davon berichteten, dass auch Armenien absolut toll sein soll, haben wir vorab einen Abstecher nach Armenien gemacht, bevor es nach Aserbaidschan ging.

Im Nachhinein würden wir jedoch dazu raten, erst nach Aserbaidschan zu fahren und danach nach Armenien, wenn man persönlich die Möglichkeit hat, beide Länder zu bereisen und dies auch tun will. Andernfalls muss man damit rechnen, dass man möglicherweise nicht nach Aserbaidschan darf, wenn man einen Stempel von Armenien, schlimmer noch von der Region Bergkarabach bzw. Artsach, um die Armenien und Aserbaidschan sich streiten, im Reisepass hat. Es herrscht also angespannte Stimmung zwischen diesen beiden Ländern, sodass man schon gar nicht direkt von Armenien nach Aserbaidschan oder umgekehrt reisen kann. Das war auch der Grund, warum wir zu diesem Zeitpunkt ein zweites Mal nach Georgien mussten, bevor es von da aus über die Grenze weiter nach Aserbaidschan gehen konnte.

Diese angespannte Stimmung spüren wir auch an der Grenze nach Aserbaidschan, wo man uns so streng und nahezu unverschämt unter die Lupe nimmt wie noch bei keinem von unseren bisher wenigen Nicht-EU-Grenzübergängen zuvor (-> EST-RUS, RUS-GEO, GEO-ARM, ARM-GEO, GEO-AZE). Immerhin schon fünf zum Zeitpunkt dieses Grenzübertritts. Zählen wir die Grenzübergänge in der EU mit, so ist dieser Länderwechsel der elfte.

Kurz vor der Grenze zu Aserbaidschan begrüßt uns ein großes Schild am Eingang: „Good Luck!“ Ja, danke! Scheint man hier wohl zu brauchen, denke ich. Ob wir überhaupt reinkommen, steht noch nicht fest – vielleicht brauchen wir ja tatsächlich diesen Glückwunsch.

Die Georgier verabschieden uns so freundlich an der Grenze, wie sie uns empfangen haben. Weiter geht’s auf aserbaidschanische Seite. Zwei junge Uniformierte, die offensichtlich so grün hinter den Ohren sind wie ihre Kleidung, kommen auf uns zu. Es wird um den Pass gebeten und so prompt wie ungefragt die hintere Schiebetür aufgerissen. Wie wäre es mal mit einer Aufforderung, dass wir das Auto öffnen sollen, so wie es jeder andere Grenzbeamte auch tut? Natürlich dürfen sie sich Einblick in unser Auto gewähren. Das ist ihr Job. Aber ein wenig Höflichkeit hätte nicht geschadet...

Weiter geht es zur eigentlichen Kontrolle. Ca. zwei Stunden dauert dieser Übergang nach Aserbaidschan. Als hätten sie nur auf uns, auf die Deutschen mit dem komischen Campervan gewartet, kommen um die fünf Zollbeamte auf uns zu. Mal einer, mal zwei von ihnen beschäftigen sich mit Tim. Er muss zunächst alle Türen öffnen und (überhaupt das erste Mal) die Campingstühle abnehmen. Zu verstecken haben wir nichts. So wird auch der Drogenspürhund nicht fündig, den sie unseren Scudo beschnuppern lassen (so etwas hatten wir bisher auch noch nie). Aber dabei soll es nicht bleiben. Zwei Beamte muss ich nun beschäftigen, während Tim noch immer mit den Campingstühlen und dem Kofferraum zugange ist, um zu zeigen, dass wir keinen Cognac einführen. Bis heute ist mir unerklärlich, warum ausgerechnet nach Cognac gefragt wurde. Wir hatten ohnehin keinen Alkohol dabei, weil wir wussten, dass wir nun in ein islamisches Land einreisen und es nicht darauf anlegen wollten. Aber jetzt, nachdem wir das Land bereist haben, wissen wir, dass Aserbaidschan ein üppiges Angebot an Alkoholika in den Supermärkten führt. Was wäre an dem Cognac also schlimm gewesen? Ich traue mich gar nicht zu fragen, habe auch gar keine Zeit dazu, denn jetzt bin ich damit beschäftigt, einem der Grenzbeamten auf die Finger zu gucken. Er durchsucht einfach alles auf meiner Beifahrerseite. Handschuhfach, Sonnenbrillenetuis, Bücher usw. Er nutzt eine Taschenlampe – ratsam, denn es ist bereits dunkel. Als ich sehe, dass er diese Taschenlampe in mein Seitenfach in die Tür zurücklegt, stelle ich fest, dass er sich meiner Taschenlampe aus meiner Seitentür bedient hat, um nahezu alle meine Sachen mit seinen Fingern zu durchwühlen. Ein anderer will im gleichen Moment, dass Tim jetzt über die Grube fährt, obwohl ein wieder anderer möchte, dass Tim jetzt die Dachbox öffnet. Beides gleichzeitig. Leute, das funktioniert so nicht! Organisation ist hier scheinbar ein Fremdwort. Niemand ist für etwas Bestimmtes eingestellt, alle gucken sich einfach alles an – in gemischter Reihenfolge, sodass wir z.B. auch verschiedenen Beamten nacheinander den Innenraum von Scudo mehrmals „vorführen“ müssen. Ein Beamter setzt sich auf unsere Rückbank zwischen unsere Handtücher, die hinten noch von der letzten Dusche zum Trocknen hängen. Mir wird fast schlecht bei dem Anblick, dass mein Handtuch gerade in Berührung mit seiner Uniform kommt. Tims und meine Blicke treffen sich in diesem Hin und Her kurz und ich kann sehen, dass wir beide gerade das Gleiche denken: Die ganze Chose geht uns gestrichen auf den Sack! Froh sind wir, wenn wir hier durch sind.

Tim ist weiterhin am Herumräumen für die Beamten und ich versuche, alle unsere Dinge im Blick zu behalten. Ich kriege langsam das Gefühl, dass die Beamten mehr aus persönlicher Neugier als aus verpflichtender Sorgfalt herumsuchen. Als schließlich einem Beamten – es sind so viele, die um uns herumwirbeln, dass ich sie kaum auseinanderhalten kann – mein Pfefferspray in meinem Seitenfach auffällt, nimmt er es heraus, sprüht damit einmal in die Runde und lacht. Vielen Dank dafür, ab jetzt ist das Notfall-Pfefferspray, das ich zuvor noch nie benutzt hatte, unbrauchbar. Mit den Augen folge ich seinen Händen in das Fach, als er das Spray zurücklegt, und stelle zudem erneut fest, dass meine Taschenlampe fehlt.

Irgendwann ist die Durchsuchung endlich zu Ende. Wir alle sind im Begriff, uns für die Passkontrolle an den Schalter zu begeben, meine Taschenlampe ist aber immer noch nicht an ihrem Platz. „Excuse me, my pocket lamp!“, fordere ich den jungen Beamten auf, mir meine Taschenlampe zu geben und er zieht diese doch tatsächlich aus seinem Gürtel hervor und reicht sie mir.

Am Passkontrollschalter werden uns noch einige Fragen zu Armenien gestellt, weil aus unseren Pässen natürlich hervorgeht, dass wir dort waren. Damit war zu rechnen. Erklärt das die übertrieben strenge Kontrolle an der Grenze? Das wissen wir nicht. Wir wollen jetzt einfach nur noch einreisen und sind dabei nun aber leider nicht ganz unvoreingenommen.


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