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Ein Roadtrip zum Schwarzen Meer in Russland

  • von Alicia
  • 30 Sept., 2018
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Russland ist ein schönes Land! Wohl wahr. Wir erFAHREN mit der nächsten Etappe unserer Weltreise in Russland den langsamen aber sicheren Weg in Richtung sich ändernder Kulturen, aufregenderer Situationen, holpriger und erstaunlicher Verkehrssituationen, aber nach wie vor freundlicher Menschen.

Während ich diesen Text zu schreiben beginne, sitze ich gerade auf dem Beifahrersitz neben Tim auf dem Weg zum Schwarzen Meer. Unsere Stadtbummeleien in St. Petersburg und Moskau sind inzwischen Vergangenheit. Auf unserer Rückbank sitzen zwei junge russische Backpacker, die uns und vielen anderen Autofahrern zuvor per bekanntem Daumen signalisiert hatten, dass sie mitgenommen werden wollen. Wir haben nicht lange gezögert, wollten wir doch ohnehin immermal auf unserem Weg Tramper mitnehmen. Und siehe da: Aus diesem kurzen Lift wurde ein gemeinsamer, fünftägiger Roadtrip zum Schwarzen Meer.

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Tim und ich sind uns einig, wenn wir sagen, dass die Gesellschaft auch ganz gut tut. Aber es ist nicht irgendeine Gesellschaft. Wir haben den Eindruck, die Brüder Ivan und Slava sind sehr geerdete, irgendwie schon spirituelle junge Menschen, die ihre Energie aus dem nehmen, was ihnen geboten wird. Das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes, aber mal von vorn:

Ich sehe es noch vor mir, wie die Jungs in höflicher Zurückhaltung mit ihren großen Rucksäcken auf denen je eine aufgerollte Isomatte befestigt ist, in unseren Scudo steigen. Ivans helle Augen streifen noch schnell die Aufschrift unserer Internetadresse am Scudo, während er einsteigt, und schon sitzen wir zu viert in Richtung Schwarzes Meer fahrend. Wir lernen uns allmählich kennen. Wir erzählen von uns und sie erzählen von sich. Allerdings nicht auf Englisch, sondern jeder in seiner Sprache per Google Übersetzer. In Situationen wie diesen lob ich mir das digitale Zeitalter, da es viele Dinge während des Reisens so viel einfacher macht, wenn dein Gegenüber dich nicht versteht. Über den Rest unserer Zeit würde auch die Zeichensprache hinzukommen, wenn die digitale Übersetzung versagt. Und man versteht sich, ob mit Hand oder Fuß, aber immer ist ein freundliches Lächeln im Spiel.

Zum Mittag laden wir die Jungs zu Tims selbstgemachter Hühnersuppe ein. Sie schätzen, was sie bekommen, danken und genießen. Wir ebenfalls, denn gegen Abend eröffnen uns die russischen Jungs „echte“ Einblicke ins russische Landleben. Wir sind nämlich auf der Suche nach einer Schwimmgelegenheit, kommen mit Scudo aber nicht heran an den Fluss. Kurzerhand springen die Jungs aus dem Scudo, laufen auf ein kleines Häuschen zu und unterhalten sich mit der dort lebenden freundlichen Omi. Als sie zum Scudo zurück kommen, heißt es, wir können den privaten Zugang zum Fluss der Hausbesitzerin nutzen. Noch dazu: Wir können so viele Äpfel von ihren Äpfelbäumen mitnehmen wie wir wollen. Noch dazu: Wir kriegen eine große Tüte voll mit selbstgeerntetem Gemüse, das wir noch am gleichen Abend zu einem wunderbar schmeckenden Salat am Lagerfeuer verarbeiten. Die Omi, sichtlich erfreut über unsere Gesellschaft, lädt uns immer wieder dazu ein, schwimmen zu gehen, Äpfel zu pflücken und vor allem, in Zukunft weitere Male vorbeizuschauen. Wohlwissend, dass uns das nicht möglich sein würde - weil wir wegen des Visums einen straffen Zeitplan in Russland haben - können wir aufgrund der Sprachbarriere nur lächelnd für diese Einladung danken.
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Nach unserer Erfrischung suchen wir uns einen Platz zum Übernachten. Wir finden ihn neben einem Sonnenblumenfeld, machen Feuer, essen den frischgeernteten Salat aus Omis Garten, knabbern an gerösteten Sonnenblumenkernen vom Feld nebenan und trinken einen Rotwein – den ersten Rotwein übrigens seit Deutschland. Für Tim sowieso der erste Schluck Alkohol seit unserer Reise. Diese Flasche Wein hätten wir uns wahrscheinlich auch niemals geleistet. Sie wurde uns auf der Straße von einem vorbeifahrenden Russen geschenkt, als wir noch zu zweit waren. Mit seinem VW-Bus überholte er uns und wartete wenig später am Straßenrand an einer T-Kreuzung, deutete uns per Handzeichen, dass wir doch anhalten mögen, was wir auch taten. „Was will der denn?“ fragte ich Tim und sah gleichzeitig, dass er eine Flasche aus dem Auto holte. Er kam ans Fahrerfenster und sagte im russischen Dialekt „Prjesent“. Wir waren ein wenig überrascht. Ich fragte ihn auf Russisch „Warum?“ und er antwortete etwas, dass wir leider nicht verstanden, aber laut seiner Körpersprache irgendetwas wie „Einfach so! Ich hab euer Auto gesehen und wollte euch beschenken“ heißen musste. Das war unser kleines Tageshighlight. Aber seitdem wir die beiden Backpacker im Scudo sitzen haben, jagt ein Highlight das Nächste.
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Am nächsten Tag unseres Roadtrips machen wir Einkaufe, jeder trödelt für sich durch das Städtchen Urjupinsk. Als wir uns am Scudo wiedertreffen, zeigt uns Ivan seine Einkäufe und deutet mit seinem sympathischen Lächeln darauf hin, dass es heute Abend Pilzsuppe geben wird. Und tatsächlich werden wir am Abend köstlichst über dem Lagerfeuer bekocht. Wieder gibt es geröstete Sonnenblumenkerne von soeben gepflückten Sonnenblumen, zur Vorspeise gibt es in der Suppe gekochte Maiskolben aus dem Maisfeld von unterwegs.

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Das meine ich, als ich eingangs sagte, die beiden Jungs nehmen sich die Energie aus allem, was ihnen geboten wird. Kaum machen wir z.B. eine Pause, springen sie barfuß aus dem Scudo, laufen zum nächsten Feld, pflücken, riechen, schmecken, fühlen. An eine Situation werde ich mich gerne zurück erinnern, als Tim nach einer kurzen Pause noch einmal anhielt, um etwas am Scudo zu prüfen. Ivan nutzte auch diesen kleinen Stop, um - wie immer barfüßig - zum Feld nebenan zu laufen, von dem Tim und ich gar nicht registriert hätten, dass dort etwas wächst, und eine große Zuckerrübe aus der Erde hervorholte, in die er im gleichen Moment reinbiss. Das veranlasste natürlich auch uns, mal zu probieren und so holte Tim uns eine Zuckerrübe aus der Erde und sie schmeckte - wie sollte es auch anders sein - gut :-). Hätten wir diese Erfahrung gemacht, wenn wir nur zu zweit gewesen wären? Hatten wir doch nicht einmal bemerkt, dass wir an einem Feld voller tief in der Erde reifender Zuckerrüben standen.

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Reisen macht glücklich. Seit wir mit Slava und Ivan unterwegs sind, erleben wir jeden Tag glückliche Augenblicke. Liegt es daran, weil es wirklich glückliche Momente sind oder weil wir es im Rausch des Reisens überempfinden? Aber wenn aufeinanderfolgende Abende am beruhigenden Lagerfeuer unter einem absolut klaren Sternenhimmel, wenn das Lauschen von Gitarren- und Mundharmonikaklängen am Feuer oder das Verweilen in der nicht enden wollende Weite eines frisch gepflügten Feldes unter jenem Sternenhimmel keine glücklichen Momente sind, welche sind es dann?

Sicherlich muss man schon der Typ für so etwas sein, sich darauf einlassen können. Einig sind wir uns, dass sich hier vier Menschen von einem Schlag zufällig in Russland begegnet sind und eine besondere Freundschaft entstanden ist. Abschließen möchte ich diesen Beitrag mit einem Satz, den Tim während dieses Roadtrips zum Schwarzen Meer einmal gesagt hat: „So etwas buchst du halt nicht bei TUI!“ :-)

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